Zusammenfassung des Einsatzes vom 29.10.-14.11.2021
im Labor S. John of God Hospital Lunsar.
Wir waren wieder die ersten zwei Novemberwochen in 'unserem' Krankenhaus in Lunsar zusammen mit einer Gruppe des ODWs;
'wir', das waren Doris und Nils.
Unter den Leuten des ODWs waren wieder viele alte Bekannte (Lena, Birgitta, Wolfgang, aber auch ein paar neue Gesichter wie
Robert (Unfallchirurg) Markus (Anästhesie) und Julia (Physiotherapeutin) die nach einer Empfehlung von unserem Markus Stumpf
mitgereist ist. Generell war das ODW-Team wieder gut ausgewählt, so dass tatsächlich eigentlich von EINER Gruppe gesprochen
werden muss und nicht von zwei Gruppen unterschiedlicher NGOs.
1. Unsere Arbeit im Labor
Dieses Jahr kamen deutlich weniger Patienten 'von der Straße' zu uns um sich austesten zu lassen und um eine spezifische
Behandlung zu erfahren. Ein Grund hierfür mag ein nicht ganz optimales 'Marketing' gewesen sein, der Hauptgrund aber lag im
Zustand des Landes. Die Leute haben so wenig Geld, dass sie sich nicht einmal mehr die Fahrt zum Krankenhaus leisten können,
auch wenn diese vielleicht nur € 1,00 oder € 2,00 beträgt. Mehr dazu später.
Dieser Mangel an Patienten hätte unser Training durchaus negativ beeinflusst, wenn nicht - Gott sei Dank - der OP uns viele
Patienten zugeführt hätte. Dieses Jahr also kamen deutlich mehr Abstriche vom Unfallchirurgen, so dass wir unsere Schulungen
effektiv gestalten konnten. Insgesamt haben wir 23 Patienten ausgetestet.
Das Krankenhaus hat uns zwei neue Auszubildende zur Seite gestellt: Lamin und Aruna. Lamin kannten wir schon aus 2019.
Schon damals arbeitete er im Labor, aber noch nicht in der Mikrobiologie. Aruna ist ein neuer Angestellter des Krankenhauses.
Lamin ist ein freundlicher sehr heller Kopf, der auch die Mathematik ziemlich gut beherrscht. Das Training von Lamin und Aruna
verlief von Anfang an sehr gut. Am Einsatzende bat uns der Laborleiter (Br. Nestor) um eine Einschätzung und wir baten ihn
darum, dass BEIDE in der Mikrobiologie verbleiben sollten; dies wurde uns dann auch zugesagt.
Und nun zu unserem Abdul: Abdul ist - ohne Übertreibung - ein Glückgriff für uns. Er beherrscht die trainierte Mikrobiologie im
Schlaf und weder Doris noch Nils haben Zweifel an seinen Resultaten, selbst wenn er alleine arbeitet und wir nicht dabei sind.
Wahrscheinlich ist Abdul der einzige mikrobiologisch korrekt arbeitende Labortechniker des ganzen Landes und es steht außer
Zweifel: das mikrobiologische Labor in Lunsar das einzig funktionierende in ganz Sierra Leone! Nils hat sich das Labor des
größten Regierungskrankenhauses in Freetown angesehen...das kann man wahrlich vergessen!
2. Unsere Arbeit in der Klinik allgemein
Neben der Arbeit im Labor standen natürlich wieder zahlreiche andere Aufgaben an. Als wir ankamen, funktionierten nur zwei
von fünf Autoklaven (Sterilisatoren für den OP), als wir gingen funktionierten alle fünf. Zwei konnten richtig repariert werden,
bei einem musste Nils etwas improvisieren, aber mittlerweile wurde das notwendige Ersatzteil (eine bestimmte Dichtung) in
Deutschland angefertigt und Nils schickt es demnächst als Eilpacket runter.
Erwähnenswert war der Kontakt zu einer Solar-Firma. Diese wird uns eine 5,5 KW Solaranlage für das Labor installieren. Der
Strom im Labor ist seit Jahren nicht konstant und dies gefährdet unsere mikrobiologische Arbeit. Mit der beauftragten
Solaranlage wird unser (neu gekaufter) Kühlschrank versorgt, unser Brutschrank und auch die Blutbank. Letztere hat zwar nicht
direkt mit der Mikrobiologie etwas zu tun, aber Doris und ich können es nicht verantworten, dass Blut für die Transfusion gelagert
wird zwischen 4°C und 16°, 17°, 18°C!
3. Die Werkstatt - in Kooperation mit der Eberberger Zeitung
2018, 2019 rief GLOBOLAB und die Ebersberger Zeitung zu Spenden auf, um eine Werkstatt für unser Krankenhaus einzurichten.
Mehrere 1.000 Euro kamen hier zusammen. Leider hat Corona unseren Einsatz 2020 verhindert, so dass wir erst dieses Jahr zu
diesem Projekt berichten können.
Eine mit vorrätigem Material gut ausgerüstete Werkstatt ist deshalb so wichtig, um in Notsituationen sofort handeln zu können,
ohne dass man erst bestimmte Materialien beschaffen muss. Solche Materialien sind (wenn sie überhaupt in Sierra Leone
erhältlich sind) nur in Freetown zu finden und selbst das erweist sich oftmals als sehr schwer. Es kostet einfach Menschenleben,
wenn eine Stromleitung im OP ersetzt werden muss und die Reparatur eine Woche oder länger dauert. 2019 hat GLOBOLAB
bereits ca. eine halbe Tonne Werkstattausrüstung nach Lunsar verschifft. 2019 wurde von der Klinik auch ein extra Raum hierfür
zur Verfügung gestellt. Jetzt, 2021, haben wir die Werkstatt u.a. mit einem Kompressor ergänzt - ein Kompressor ist dringend
nötig, um Maschinen und anderes Equipment vom Staub zu befreien. Staub ist unser Hauptgegner beim Service/Erhaltung
unserer Gerätschaften. Neben dem Kompressor wurden zahlreiche andere Werkzeuge beschafft.
4. Was ist los mit Sierra Leone
Aufgrund diverser Schwierigkeiten und Vorkommnisse trafen sich gegen Ende des Einsatzes der Klinikleiter Br. Micheal und die
beiden Vorstände von GLOBOLAB und ODW zu einem klärenden Dreiergespräch. Dieses Meeting zusammen mit unseren eigenen
Erfahrungen aus einer zweitägigen Einkaufstour in Freetown erklärte vieles der momentanen Situation des Landes.
Sierra Leone leidet unter einer unglaublichen Inflationsrate - seit 2016 werden JEDES JAHR alle Waren durchschnittlich um 15%
teurer. Kurz nach Ebola war 1 € ca. 6.000 bis 7.000 SLL wert, heute tauschen wir 1 € für 12.700 SLL! Alle Preise haben sich
darüber hinaus nahezu verdoppelt, wobei die Gehälter stagnieren. Erschwerend kommt hinzu, dass alle importierten Produkte
(und das sind so gut wie ALLE Produkte überhaupt!) in Sierra Leone ca. das dreifache kosten als in Europa. Grund hierfür sind die
hohen Transportkosten, vor allem aber die exorbitant übertriebenen Hafengebühren und Zollabgaben.
Ein Rechenbeispiel:
Ein Kompressor aus China: 40 € + Transport (50 €) + Hafengebühren (120 €) + Zoll (80 €). Wenn jetzt der Verkäufer 10%
Gewinn erwirtschaften möchte, dann kostet dieser Kompressor in Freetown 320 €.
Hafengebühren und Zollabgaben sind die einzigen Einnahmequellen der Regierung, weil das Land nichts Nennenswertes
exportiert. Die Einwohner Sierra Leones, die ohnehin nur 1, 2 oder 3 € am Tag verdienen sind somit gezwungen, für den
täglichen Lebensbedarf mehr zu bezahlen als wir es in Europa tun müssten.
Das kann nicht gut gehen und man kann nur spekulieren, was kommt (friedliche Demonstrationen? Bürgerkrieg?).
5. Resümee
Wir haben uns in den vergangenen 12 Jahren einen Ruf in Lunsar erarbeitet. Man vertraut uns und man hört auf unsere
Vorschläge. Allein schon deshalb haben wir Br. Micheal bei besagtem Meeting zugesagt, dass wir die nächsten Jahre der Klinik zur
Seite stehen werden. Wir bilden immer wieder neue Labormitarbeiter aus, so ist auch der Auftrag in unserer Satzung erfüllt.
© Globolab e.V. 2009 - 2023
Teilgenommen haben:
Doris – Leitende MTLA; Ausbilderin
Edith – OP-Schwester; Kontaktperson OP
Nils – Bioingenieur; Ausbilder
zusammen mit einem starken Team des ODWs